Willkommen zu deiner Feedback-Party – ein Mindset-Trick zum Umgang mit Kritik zu deiner Dissertation

Ein Gastbeitrag von Isabelle Huning

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In meinen Coachings und Workshops taucht das Thema „Umgang mit Kritik“ immer wieder auf. Kritische Rückmeldungen zum Stand der Arbeit oder zu Vorträgen auf Konferenzen stellen einige Doktorand:innen vor große Herausforderungen. Besonders wenn diese noch unempathisch oder von oben herab kommuniziert werden – aber selbst wertschätzende Verbesserungsvorschläge fühlen sich manchmal an wie ein Schlag in die Magengrube (das spreche ich aus Erfahrung).

Die Sache ist die: Oft wird durch kritische Rückmeldung ein Emotionsmuster ausgelöst, das dich dich klein und hilflos fühlen lässt und von Gedanken begleitet wird wie „Ich bin einfach nicht gut genug“ oder „Ich wusste doch, ich gehöre hier gar nicht hin“ (der Ursprung dieser Muster reicht meist bis in die Kindheit – in meinem 1:1 Coaching unterstütze ich dich dabei, so etwas aufzulösen). Diese Gedanken und Emotionen wirken sich wiederum auf dein Verhalten aus, das häufig erstmal im Freeze-Modus festhängt, in dem du kaum in der Lage bist, die sachliche Ebene der Kritik auszuwerten und zu entscheiden, welche Punkte du überhaupt annehmen und welche du auch getrost liegen lassen kannst.

Wenn du dich hier drin wiederfindest, dann lies weiter – denn Isabelle, eine Doktorandin, die Gründungsmitglied der Fokus & Flow-Community war, teilt in diesem Artikel eine Mindset-Übung, mit der sie es immer wieder schafft, produktiv mit Kritik umzugehen. Das Gedanken-Experiment hilft dir, einen gesunden Abstand zur Kritik zu gewinnen und wieder handlungsfähig zu werden – das heißt, souverän zu entscheiden, was die besten nächsten Schritte für dich und deine Dissertation sind.

Here goes:

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Rückmeldungen, Fragen und Kommentare anderer Menschen zu unserer Arbeit sind essentielle Bestandteile unserer Erfahrung als Doktorand:innen. Sei es bei Präsentationen, im Kolloquium oder bei Entwürfen, die wir unserer:m Supervisor:in zuschicken – Rückmeldungen gehören dazu und helfen uns, unsere Arbeit voranzubringen.

Grundsätzlich habe ich gelernt, dass ich Feedback immer als etwas Positives, als ein Geschenk auffassen soll. Ich soll es nicht persönlich nehmen, keine Angst davor haben, dankbar dafür sein und es gleichzeitig nicht zu ernst nehmen – besonders, wenn es nicht ganz so sachlich rübergebracht wird.

Nun ja…

Genau das fällt mir in vielen Momenten sehr schwer. Manchmal fühlt sich Feedback eben nicht wie ein feierlich überreichtes Geschenk an, sondern vielmehr wie ein alter Fisch, der einem direkt um die Ohren gehauen wird.

Das kann daran liegen, dass Kritik in Academia oft einfach nicht konstruktiv ist. Ein Beispiel hierfür sind die gefürchteten Kommentare von Reviewer 2, wenn man seine Arbeit bei einem Journal einreicht.

Es kann mir aber auch passieren, und das kennst du vielleicht auch, dass selbst konstruktive Kritik in mir Selbstzweifel und Angst auslöst. Ich habe dann Angst davor, bloßgestellt zu werden, weil ich einen Fehler gemacht habe. Und ich habe Angst davor, nicht perfekt zu sein, weil „nicht-perfekt“ in einer Ecke meines Gehirns „weniger wertvoll“ bedeutet. Manchmal habe ich auch Angst davor, dass nun endlich rauskommt, dass ich einfach nur so tue, als hätte ich es drauf. Ahoi, Impostor Sydrom!

Dazu kommt vielleicht noch die Tendenz, selbst sachliche Kritik persönlich zu nehmen. Kein Wunder, denn die meisten von uns haben wichtige persönliche Beweggründe für unsere Arbeit. Oft wählen wir ein Thema aus persönlichem Interesse, lassen eigenen Erfahrungen einfließen und nicht zuletzt müssen wir unsere eigene Arbeit, unser Baby, am Ende ja auch „verteidigen“.

  • Wie kann ich aber nun die Spreu vom Weizen der Kritik trennen?
  • Wie kann ich den nötigen inneren Abstand zu Rückmeldungen bekommen, um sie positiv für meine Weiterentwicklung zu nutzen?
  • Wie kann ich vermeiden, dass gerechtfertigte sachliche Kritik sich wie ein Schlag in die Magengrube anfühlt?

Um diese Baustellen anzugehen, habe ich für mich eine kleine Imaginationsübung entwickelt: Die „Dinnerparty“. Und die geht so:

Mindset: Eine Dinnerparty, um dich und deine Forschung zu feiern

Ich stelle mir jegliche Feedbacksituation als Party vor, bei der ich und meine Forschung gefeiert werden sollen. Es läuft meine Lieblingsmusik im Hintergrund und das Essen ist einfach großartig.

Die Gäste haben sich mehr oder weniger mit meiner Arbeit auseinandergesetzt und sind nur da, um etwas dazu beitragen, dass diese Arbeit noch besser wird.

Natürlich sind auf so einer Party immer ein paar Menschen, die einem besonders nahestehen und denen du und der Fortgang deiner Forschung besonders wichtig sind. Leider sind aber auch immer Menschen dabei, die eher ein bisschen nerven. Leute, die du vielleicht aus Nettigkeit eingeladen hast, oder weil sie irgendwie zur Familie gehören.

Mit der Kritik verhält sich das wie mit den Gästen auf der Dinnerparty: Es gibt super sachliche hilfreiche Anregungen, gut gemeinte, aber nicht so hilfreiche Anmerkungen, es gibt sogar Komplimente und es gibt einfach nur dumme Kommentare.

Diese Gäste bzw. Kritikaspekte gilt es nun zu unterscheiden. Dafür nutze ich drei Kategorien:

  • TOSS – Die unverschämten Gäste, bzw. nicht-konstruktives Feedback, werden rausgeschmissen
  • KEEP – Die netten Gäste, bzw. das hilfreiche Feedback, dürfen natürlich bleiben
  • HIGHLIGHT – Die besonders netten Gäste halten sogar eine Rede – besonders positives Feedback hebe ich hervor und bewahre es an einem besonderen Platz auf

Mit diesem Mindset und den Kategorien im Hinterkopf bewege ich mich dann durch die Gästeschar. Übersetzt heißt das, ich ordne den drei Kategorien verschiedenen Farben zu und unterstreiche die entsprechenden Passagen im Text (Konferenznotizen, Reviewreports, Notizen von Gesprächen oder andere schriftliche Rückmeldungen).

Eine andere Möglichkeit ist, dass du deine mündliche Rückmeldungen quasi als Gedächtnisprotokoll direkt auf unterschiedlich farbige Post-its schreibst.

Toss:

Dies ist verdammt nochmal deine Dinnerparty, also darfst du die Personen, die dir nicht gut tun, rausschmeißen. Dies sind die Personen, die sich daneben benehmen. Wenn das Feedback also Dinge enthält, die mir zu Herzen gehen und unsachlich sind, kommt es in diese Kategorie.

Diese Kategorie kann auch Gäste beschreiben, die zwar total nett sind, die aber leider aus Versehen auf der falschen Party gelandet sind. Findest du Kommentare die zwar gut gemeint sind, aber du nicht gebrauchen kannst? Dinge, die du schon in Erwägung gezogen, aber begründet verworfen hast, zum Beispiel?

Denke immer daran, dass Du die Expertin deiner eigenen Dissertation bist und Verbesserungsvorschläge auch durchaus begründet verworfen werden können!

Keep:

Nun geht es um die Gäste, die nett sind, sich unterhalten, dich und deine Arbeit ernst nehmen und daran interessiert sind, dir bei deiner Arbeit zu helfen.

Enthält das Feedback Anregungen, Ideen, konstruktive Aspekte, mit denen ich tatsächlich etwas anfangen kann?

Ist da vielleicht ein Literaturhinweis, ein konkreter Vorschlag, eine Anregung, wie man weiterarbeiten kann oder ein Verweis auf jemanden, an die:den man sich wenden könnte?

Diese Art von Feedback behalte ich natürlich gern.

Highlight:

Besonders nette Gäste heben sich immer hevor. Sie haben vielleicht sogar eine Rede oder etwas andere für dich vorbereitet. Dies kommt auch bei Feedback vor.

Besonders positives Feedback hebe ich hervor, indem ich es herausschreibe und auf „Positive Feedback Cards“ schreibe. Diese sammele ich in einer Box und kann jederzeit darauf zurückkommen, wenn Selbstzweifel und Angst wieder lauter werden sollten.

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Manchmal kann es etwas schwer sein herauszufinden, zu welcher Kategorie die Gäste/das Feedback gehören. Es kann durchaus sein, dass ein Gast zwar hilfreiche Dinge sagt, diese aber sehr schroff und unangebracht rüberbringt.

Hier hilft es mir vorzustellen, mit wem diese Leute sich auf meiner Party eigentlich unterhalten.

Kann ich das Feedback vielleicht clustern und die Rückmeldung anderen Kommentaren, die in eine ähnliche Richtung gehen, zuordnen?

Kann ich mit anderen darüber reden und fragen, wie die das Feedback einschätzen?

Für diese unklaren Fälle kann es helfen sich eine eigene Farbe bereit zu halten, um sie später  – wenn die erste emotionale Reaktion abgeklungen ist – noch einmal genauer zu betrachten.

Fazit

Mir hat diese Übung vor allem dabei geholfen zu verstehen, dass die Dissertation mein eigenes Projekt ist. ICH bestimme die Richtung und kann selbst einladen, wen ich daran teilhaben lassen will – und wen eben nicht.

Eine Einladung heißt jedoch nicht, dass diese Leute sich verhalten dürfen, wie sie wollen, oder du als Gastgeber:in alles dafür tun musst, dass es den Gästen gut geht. Die Promotion ist DEINE Party. Das heißt, alle, die erscheinen, sollten dich feiern oder zumindest dazu beitragen, dass du eine wertvolle Zeit hast, und im besten Fall noch beim Aufräumen helfen.

Ich bin gespannt, wie dir diese kleine Übung gefällt, und ob sie dir ebenso hilft wie mir. Lass mir dazu gerne einen Kommentar unter diesem Artikel da!

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Ein entspannter Umgang mit Kritik ist lern- und trainierbar. Manchmal braucht es dafür etwas mehr als eine Mindset-Übung – und dafür gibt es mein 1:1 Coaching „Find Your Flow“. Damit unterstütze ich dich dabei, dein Mindset und deine Reaktionsmuster nachhaltig so zu verändern, dass Kritik dich nicht mehr persönlich trifft, und dein Selbstverständnis als Nachwuchswissenschaftlerin so zu entwickeln, dass du souverän mit jeder Art von Feedback- und Austauschsituation umgehen kannst. Informiere dich gern hier über mein Angebot

Portrait-Isabelle_Huning

Isabelle Huning ist Sozialpädagogin und Bildungswissenschaftlerin und promoviert im Bereich Social Policy. Sie forscht zur Etablierung von Institutionen in der beruflichen Bildung seit 1945 in England und Deutschland und interessiert sich  für die Entwicklung gesellschaftlicher Erwartungen an und Vorstellungen von Beruflicher Bildung in beiden Ländern. Als Sozialpädagogin sowie Seminar- und Teamleiterin hat sie sich intensiv mit Methoden und Tools zum Umgang mit Feedback und Kritik auseinandergesetzt. Isabelle war Gründungsmitglied der Fokus & Flow-Community.

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